Beschaffung

Von der Anforderung zur Überforderung

8d-Methode

Stoppt den Dokumentationswahn: Fordert nur, was Ihr versteht!

Fordern, fordern, fordern! Das kann die Automobilindustrie besonders gut. Insbesondere, wenn die Forderungen anscheinend keinen Sinn ergeben, wird man als Zulieferer der Automobilindustrie in den Wahnsinn getrieben.

Spricht man den Kunden auf die Unsinnigkeit von Anforderungen an, erhält man selten qualifizierte Aussagen, was der hohen Fluktuation in den Einkaufsabteilungen geschuldet sein mag. Trifft man zufälligerweise auf Expertise beim Kunden (erfahrene Kollegen), gibt dieser meist Tipps, wie man am besten „pfuschen“ kann. Nicht selten entschuldigt er sich für die Anforderungen seines Arbeitgebers: „So sind halt die Konzernvorgaben.“

Beispiel gefällig? Nehmen wir das Automotive Core Tool der Prozess-FMEA (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse, angewendet auf Herstellungsprozesse). Die Prozess-FMEA ist ein wertvolles Werkzeug zur Entwicklung neuer Produktionslinien. Sie begleitet den Prozessentwickler von den ersten Ideen bis zur finalen Festlegung, welche im Produktionslenkungsplan (PLP; englisch: control plan) dokumentiert werden. Wird die Prozess-FMEA entwicklungsbegleitend bearbeitet, ergeben sich frühzeitig Fragestellungen zur Vermeidung oder Entdeckung von Fehlern, bevor erste Teile produziert werden.

Die meisten Lieferanten der Automobilindustrie haben etablierte Herstellungsprozesse. Zum Beispiel kennt eine Galvanik, ein Zerspaner oder eine Gießerei seine Prozesse sehr genau. Wenn solche Lieferanten eine ehrliche Prozess-FMEA durchführen, wird lediglich vorhandenes Wissen zu Papier gebracht. Selten liefert die Prozess-FMEA neue Erkenntnisse, um Fehlern vorzubeugen.

8d Methode realistisch dargestellt

Darstellung der 8d Mehtode

Beim Durchblättern der QZ (Qualität und Zuverlässigkeit) Ausgabe 02/2016 musste ich nach einem Blick auf die folgende Darstellung zur 8d-Methode herzhaft lachen:

Bild zur 8d-Methode au der QZ Ausgabe 02/2016
Aus der QZ 02/2016 Seite 40

Hier wurde (hoffentlich) versehentlich eine gelebte Wahrheit dargestellt. Am Anfang wird ein Team festgelegt, jedoch arbeitet in den darauf folgenden Schritten tatsächlich stets nur eine Person. Den Erfolg streicht jedoch das komplette TEAM (Toll, Ein Anderer Macht’s) ein.

Wie Lieferantenentwicklung verhindert wird

Wie Lieferantenentwicklung verhindert wird

Vor kurzem zeigte mir einer meiner Kunden einen Brief, den er von einem seiner Kunden zu „Lieferantenentwicklung“ erhalten hat. Das zweiseitige Schreiben wurde von einer großen deutschen Unternehmensgruppe an all seine Lieferanten verschickt. Auf der ersten Seite wurde die strategische Ausrichtung des Einkaufs in blumigen Worten beschrieben – man wolle den Lieferantenstamm reduzieren und dafür die Zusammenarbeit optimieren – soweit so gut.

Dann kam jedoch die Seite zwei. Hier wurde darauf hingewiesen, dass jene Lieferanten die von der optimierten Zusammenarbeit profitieren wollen, den folgenden zwei Bedingungen zuzustimmen haben:

Billig einkaufen?

Billig einkaufen

Wenn aus Kostengründen mehr gezahlt wird

Hauptsache billig einkaufen! China, Indien und Pakistan, ein El Dorado für viele Einkäufer deutscher Unternehmen. Die Lohnkosten fallen kaum ins Gewicht und fehlende bürokratische Hürden (z.B. rechtliche Anforderungen zu den Themen Arbeitsschutz und Umwelt) werden in diesen Ländern so übertrieben“ wie in Deutschland.

Im letzten Ziel(-vereinbarungs-)gespräch erhält der Einkäufer eine messbare  Zielvorgabe, von der wiederum ein Teil seines Jahreseinkommens abhängt. Diese lautet beispielsweise 15 Prozent Beschaffungskosten einzusparen. Der Einkäufer fühlt sich fast gezwungen nach Fernost zu schauen. Ein erster Preisvergleich wirft beim Einkäufer die Frage auf, warum er nicht schon viel eher auf die Idee gekommen ist. Trotz Transport- und Zollkosten sind mehr als 15 Prozent möglich und die Jahresprämie scheint gesichert.

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